Mein Drittes Jahr

Diese Jahr stand ganz im Zeichen der Eroberung meines Lebensraumes auf 2 Beinen. Mit zunehmender Mobilität wuchs auch mein Interesse daran, immer neue Streiche auszuhecken, um meine Eltern auf Trab zu halten.


Der Ernst des Lebens

Seit Januar 2014 hat für mich das Berufsleben begonnen: Ich habe einen integrativen Krippenplatz in meinem Heimatdorf bekommen! Ich freue mich jeden Tag auf die anderen Kinder und es kann mir oft früh nicht schnell genug gehen, bis ich angezogen bin. Die Kinder akzeptieren mich so wie ich bin. Sie kümmern sich um mich, wenn ich etwas nicht ganz so gut hinbekomme. Weil ich ein schlechteres Durstempfinden habe als "normale" Menschen, trinke ich immer viel zu wenig. Mein Freund Noah bringt mir dann meine Tasse und flößt mir Tee ein.

Ich kann es gar nicht leiden, wenn ein anderes Kind weint. Das macht mich so traurig, dass ich sofort mitweine und nur schwer wieder zu beruhigen bin. Da kann das andere Kind schon längst wieder fröhlich sein - ich bin noch lange Zeit furchtbar mitgenommen.


Die Wunschgroßeltern

Papa´s Mutter ist leider schon 2008 verstorben. So hatte ich nicht die Gelegenheit, meine Oma kennen zu lernen. Aber ich weiß, dass mich meine Oma sehr geliebt hätte, wenn sie noch da wäre. Mein Opa lebt seit ihrem Tod allein. Mein Papa sagt immer, dass sein Vater ein "Spätberufener" war. Opa war nämlich erst 10 Jahre verlobt und dann 10 Jahre verheiratet, bis er sich endlich dazu durchringen konnte, meinen Papa in die Welt zu setzen. Vor Kurzem haben wir Opa Adis 99.ten Geburtstag gefeiert und ich habe die ganze Geburtstagsgesellschaft mit Norovirus versorgt!

Mamas Eltern wohnen weit weg in Oberfranken und so kann ich Oma Karin und Opa Stephan auch nicht so oft treffen, wie ich das gerne möchte. Opa muss immer sein Pferd Billy versorgen und so setzt sich Oma meistens alleine in den Zug und kommt mich besuchen. Da meine Mama ein richtiges "Omakind" war, findet sie es ungeheuer wichtig, eine Oma in der Nähe zu haben. Deshalb musste eine neue Oma her. Da man Selbige aber nun einmal nicht einfach im Katalog bestellen kann, musste eine Alternativlösung gefunden werden. Der Wink des Schicksals bescherte uns den Kontakt zu Frau Köhler, der Initiatorin des "Wunschgroßeltern-Projektes" in Traunstein. Das ist eine spitzenmäßige Sache. Hier melden sich einerseits Familien, denen die Oma oder der Opa fehlen und andererseits Omas und Opas, die keine eigenen Enkel haben oder deren Enkel weit weg leben. Frau Köhler stellt dann den Kontakt zueinander her und man kann sich "beschnuppern". Seit ich 6 Monate alt war, stand ich auf der Warteliste, doch irgendwie traute sich niemand zu, die Wunschoma oder der Wunschopa eines besonderen Kindes zu werden. Ich war sehr traurig.

Doch dann kamen im Februar 2014 Oma Dorothea und Opa Thomas in mein Leben. Es hat gleich zwischen uns gefunkt. Die Chemie stimmte einfach. Einmal die Woche besuche ich Oma in ihrem Haus in Bergen. Wenn Mama sagt, dass ich zu Oma Dorothea darf, versuche ich sofort, mich anzuziehen. Ich habe es immer sehr eilig, zu ihr zu kommen und mit ihrem Hund Leila spielen zu können. Das Wunschgroßeltern-Projekt ist ein echter Segen für mich!


Naturbursche

Ich bin am Liebsten draußen in der Natur. Ich hasse verregnete Tage in der Wohnung - Mama übrigens auch, weil sie dann einen äußerst übellaunigen Kampfzwerg an der Backe hat. Da helfen nur noch Matschklamotten und dann trotzen wir Wind und Wetter und matschen fröhlich in den Pfützen.


Florianisch

Seit Mitte 2014 bin ich 1 Mal die Woche bei der Logopädin. Mir macht es viel Spaß, zu ihr zu gehen. Ich entwickle meine Sprache auf meine eigene Weise in recht übersichtlichem, gemäßigten Tempo. Ich bin übrigens zweisprachig: Meine Muttersprache ist Florianisch und ein paar Brocken bekomme ich in deutsch hin. Seit ich 2 Jahre alt bin, lerne ich auch GuK (Gebärden unterstützte Kommunikation). Florianisch habe ich selbst erfunden und bin sehr stolz darauf. Nur meine engsten Vertrauten können meine Codesprache entziffern. Mein Florianisch ist eine gelungene Mixtur aus wilder Gestik und Wortkürzeln. EIN "Wort" bekommt durch unterschiedliche Betonung und die entsprechende Gestik eine ganz andere Bedeutung. Manchmal untermale ich das Ganze auch mit Geräuschen. Ich bin nämlich ein begnadeter Tierstimmen-Immitator! Mama sagt immer, das ist wie bei den Asiaten. Die betonen ein und dasselbe Wort auch unterschiedlich und aus dem Klang ergibt sich dann dessen Bedeutung. Mama versteht mich am Besten, alle anderen müssen noch an ihrem Florianisch feilen! "Daahl" ist beispielsweise  mein Freund "Daniel", "Dall" ist der "Stall" und "Dahl" oder "Dang" ist die "Salzstange". Ist zwar nicht einfach, aber ich bin trotzdem wenig tolerant, wenn Mama mal wieder nicht kapiert, was ich brauche. Ich baue mich dann in meiner vollen Größe von stolzen 92 cm vor ihr auf, tanze steppend auf der Stelle, während sich mein Gesicht ins Dunkelrote verfärbt und pöble lautstark ein "Menni!" in den Raum.


Trotzkopf

Meine Mama hatte sich doch tatsächlich schon in Sicherheit gewiegt, dass die Trotzphase bei mir ausbleibt, weil sie bei anderen Kindern schon so viel früher einsetzt. Böser Fehler!  Wie gesagt, ich bin eher der gemütliche Typ. Seit ich "NEEEEEIIIIIIN!" so schön sagen kann, mache ich das ausgiebig. Gerne stampfe ich begleitend auch noch mit dem Fuß auf den Boden und setze ein "Manni!" oben drauf. Ich spreize mich ausgiebigst gegen das Wickeln. Lieber dekoriere ich Mama mit meinen Windeln.

Ich lasse mich auch nicht anziehen oder ausziehen. Ich werfe Sachen durch die Gegend, wenn ich wütend bin. Und besonders gut werfe ich, wenn ich deswegen geschimpft werde!

Einmal habe ich sogar meinen Koffer gepackt und angedeutet, dass ich Mama und Papa verlassen werde. Als mir Mama dann in die Jacke geholfen hat, bin ich doch etwas erschrocken und habe schleunigst einen Rückzieher gemacht. Eigentlich bin ich ja ganz gerne das Kind von Mama und Papa, aber manchmal nerven sie höllisch.

Was ist zum Beispiel so schlimm daran, mich zu weigern, mir die Haare waschen zu lassen? Ich benehme mich dann genauso wie beim Kinderarzt, wenn er versucht, mir Blut zu nehmen! Ich winde mich und schreie und heule bis ich völlig aufgelöst bin. Mama und Papa sehen danach immer aus, als hätten sie das Bad genommen und sind jedes Mal am Ende mit den Nerven. Spätestens wenn dann noch der Föhn zum Einsatz kommt, liegen auch meine Nerven endgültig blank.

Mama sagt dann immer: "Ein Kind zu haben ist echt was Schönes!" Sie schaut dabei aber ganz und gar nicht so erfüllt.

Wenn ich wollte, dann könnte ich...

 Ich messe gerne mit zweierlei Maß: Was ich in der Krippe alles alleine kann, muss ich daheim noch längst nicht zeigen.

 Es ist doch ziemlich bequem, das Hausgesinde beschäftigt zu halten! Während das Töpfchentraining in der Krippe meist sehr erfolgreich ist, gebe ich daheim den Klokönig nur zu besonderen Gelegenheiten. Trifft durch Zufall tatsächlich einmal etwas in den Topf, dann kippe ich mir den Inhalt des Selbigen gerne über den Kopf oder verteile ihn auf dem Parkett. Womit wir dann wieder bei der verhassten Haarewäscherei wären! So ein Kleinkinderleben kann ein echter Teufelskreis sein!

Mama und Papa sind darüber nicht sehr amüsiert. Papa sagt: "Ich hole gleich die Mama!" und Mama stampft dann durch das Haus wie Rumpelstilzchen. Da ich ganz gut im Türen öffnen bin, laufe ich der Grundsatzdiskussion dann einfach davon!


Ein Königreich für Wackelpudding


Für grünen Wackelpudding oder "Wawa", wie ich ihn nenne, würde ich sterben. Bei allem anderen sterbe ich lieber, als es zu essen!!!! Ich treibe meine Eltern mit meiner Essensverweigerung in den Wahnsinn. Mama sagt dann immer: "Das kann nicht unser Kind sein!" Sowohl Mama als auch Papa sind nämlich keine Kostverächter und auch gerne mal experimentell unterwegs. Mama hat in Afrika sogar schon Mopane-Raupen und Heuschrecken gegessen! Für mich unvorstellbar. Ich esse ausschließlich Spagetti Bolognese und Reis mit Hühnchen aus dem Glas. Wenn Mama selbst Reis oder Nudeln kocht, fliegt das Essen schneller an die Wand als sie Luft holen kann! Ich weigere mich vehement, neue Geschmackserlebnisse an meinen Gaumen zu lassen. Wenn wir verreisen, haben meine Eltern immer einen Rucksack voller Spagettigläser dabei, damit sie mich unterwegs "durchbringen". Mama sagt immer: "Wer braucht schon Wechselunterhosen, wenn man auch deutsche Babygläser ins Ausland exportieren kann?!" Das Sprichwort: "Der Hunger treibt es rein!" entkräfte ich komplett, denn ich bin sturer als der Satz eines Gelehrten. Ich trete in den Hungerstreik, bis mein Glas serviert wird! Neulich hat mich der Norovirus für einige Tage ins Krankenhaus gebracht. Dort sollte ich Nudeln mit Soße essen und Tee aus einer anderen Flasche trinken als daheim. Ich weigerte mich standhaft und musste deshalb länger am Tropf bleiben! Ich helfe mit Eifer beim Pudding kochen oder backe an Weihnachten Plätzchen - essen will ich beides trotzdem nicht, bloß weil ich es selber gemacht habe. Wenn in der Krippe eine Geburtstagsfeier ist, verweigere ich auch den Kuchen. Mama und ich haben jetzt eine Esstherapie beim Psychologen vor uns, um endlich gemeinsam herauszufinden, warum ich mit Bananenscheiben Tennis spiele oder die Wände mit Mamas Kochkünsten dekoriere. Wünscht Mama Glück, sie kann es brauchen ;-)




Irgendeine Idee,

warum Mama ausgerechnet

DIESES Faschingskostüm

für mich ausgesucht hat?